Einlass sollte ab 19 uhr sein,
aber wenn sich die Abendverantwortlichen des Jazzaktivs verspäteten,
mussten die Gäste warten. Immerhin kamen wir alle von der Arbeit, die
meisten von uns hatten auch noch Kinder zu versorgen. Doch Warten war zu
DDR-Zeiten nichts Besonderes. und wer zeitig da war, hatte Hoffnung, auch
eingelassen zu werden. Offiziell war der Jazzkeller für 100
Personen zugelassen. Es wollten aber viel mehr Leute die Konzerte erleben.
Es lag also im Ermessen des Einlassdienstes, wer rein durfte, wer
warten musste oder gleich wieder weggeschickt wurde. Eingelassen wurden
die Stammkunden, die sich seit Anfang der siebziger Jahre regelmäßig
zum Musikhören und Biertrinken in Treptow trafen. Musiker und die etwa 20
Mitglieder des Jazzaktivs hatten sowieso freien Eintritt. Schlecht sah es
für Fremde aus, wenn sie keinen Bekannten hatten, der seine Beziehungen
für sie spielen ließ.
Ich, »Assi« Glöde, bin 1981 nach
Berlin gekommen und kannte einige Jazzkelleraktivisten aus
gemeinsamen Studienzeiten in Karl-Marx-Stadt (jetzt wieder Chemnitz). Dort
habe ich meinen Spitznamen bekommen. Vielleicht, weil ich gesagt
habe, was die meisten von uns damals fühlten: die Armeezeit Gott sei Dank
hinter mir, ohne Arbeitsvertrag im Studentensommer an der TH, aber noch
nicht immatrikuliert - das fühlte sich an wie asozial.
Die Legenden um den Jazzkeller
waren 1981 schon gewebt: Fest steht, dass Ende 1969 auf Initiative von
Jazzmusikern und Mitarbeiter der HO-Gaststättenorganisation die
Veranstaltungsreihe »Jazz zum Hören und Tanzen« ins Leben gerufen
wurde.
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(Später übernahm das
Kreiskulturhaus Treptow Organisation und Finanzierung.) Anfangs
unregelmäßig, später einmal monatlich spielten Berliner
Dixieland-Bands (Papa Binnes, Tower, Jazz Collegium) in der damals
noch gut funktionierenden Klubgaststätte im Keller des Hauses. Was an
den anderen Freitagen veranstaltet wurde, ist unklar. Tatsache ist, dass
ab Mitte der sechziger Jahre die ersten DDR-Beatbands wie Diana
Show Quartett, Franke Echo Quintett und die Sputniks im
»Twistkeller« Treptow auftraten. Ob Anfang der siebziger Jahre auch die
ersten Jazz-Rock-Formationen wie Modern Soul, SOK und Klaus Lenz Konzerte im Kreiskulturhaus Treptow gaben, ist nicht sicher.
Jedenfalls liegt es im Dunkeln, wie der Avantgarde-Jazz nach Treptow
gekommen ist. Vielleicht war es einfach nur so, dass die Mitarbeiter
des Kreiskulturhauses, die Gaststättenbesatzung und die Jazzfans von der
neuen Jazzmusik begeistert waren, man sich ohnehin kannte und sich deshalb
die Wege in Treptow kreuzten.
Jedenfalls war der DDR-weite
Jazzboom 1975 im Kreiskulturhaus Treptow angekommen und es gab jeden
Freitag Konzerte im Keller. Natürlich erweiterte sich das
musikalische Spektrum u.a. mit FEZ, Synopsis, der Manfred
Schulze Formation, mit uschi Brüning & Co., dem Hubert
Katzenbeier Quintett, dem Friedhelm Schönfeld Trio, dem Hannes Zerbe Quartett und natürlich Blues. Wegen des großen
Publikumsinteresses gab es von 1976 bis 1979 auch donnerstags
Konzerte im Kreiskulturhaus Treptow. In lockerer Folge fanden im Saal des
Kreiskulturhauses die Konzertreihen »Wir stellen vor«,
»Zeitgenössische Musik« und »KlangWerkstatt« statt.
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