Archiv 2021

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Samstag 31. Juli '21 - Jazzkeller 69 päsentiert - 16 Uhr:
Freiluft Bühne im Garten   [Hasselwerderstraße 22A]
Jazz am Kaisersteg


Johnny LaMarama

Johnny La MaramaKalle Kalima – guitar, vocals
Chris Dahlgren – bass, vocals
Eric Schaefer – drums, vocals

Vier Alben hat das dynamische Trio zwischen 2001 und 2014 veröffentlicht, danach war erst mal Sendepause.
Was vermutlich daran liegt, dass die Musiker alle Hände voll mit anderen Bands und Projekten zu tun haben.

Für jene, die seinerzeit nicht von Johnny LaMarama überfallen wurden: hier ist Humor im Spiel, und handfester Rock.
Der finnische Nonkonformist Kalle Kalima lässt seine E-Gitarre dermaßen jaulen und kreischen, dass mancher unweigerlich an Jimi Hendrix denkt. Zumal der Blues bei Johnny LaMarama oft nur zwei Armlängen entfernt scheint.
Nicht die Mantra-artig klagende Variante des Blues aus dem Süden, sondern ein rebellischer, urbaner, elektrischer Blues, zu dessen weitverzweigter spröder Verwandtschaft wohl auch Tom Waits gehört.

Aufgestachelt wird Kalima von rollenden bis wirbelnden Schlagzeughieben Eric Schaefers, dessen junges Herz für bissige Hardcore-Bands schlug, eher er durch Jazz und Neue Musik auf ganz andere Bahnen geriet.
Für gelegentliche Erdung sorgt Chris Dahlgren, der zwar bei den Avantgarde-Ikonen Anthony Braxton und La Monte Young studierte, gleichzeitig aber viel Wüsten-Rock’n’Roll im Blut hat. Schließlich ist er 1961 in New York geboren und in Denver aufgewachsen.

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MeoW!

MeoW!Cansu Tanrikulu – vocals
Liz Kosack – keys, vocals
Dan Peter Sundland – bass, vocals
Jim Black – drums, vocals

Noch eine Band mit Generationenvertrag. Der weit gereiste Drummer Jim Black, (*1967) aufgewachsen in Seattle und seit 1991 Teil der progressiven Szene New Yorks (Tim Berne, Laurie Anderson, Chris Speed u.a.), gehört zu den markantesten seiner Zunft.
Black beherrscht die Kunst, komplex und dicht zu spielen, auf magische Weise die Musik zu beflügeln und seinen Mitspielern trotzdem noch ausreichend Raum zu lassen. Seit vielen Jahren zählt er auch zur Berliner Szene, nicht zuletzt durch seine lange währende Kooperation mit Carlos Bicas Azul.

Die weiteren MeoWs sind wie Black irgendwann in der Hauptstadt gelandet, indes deutlich jünger als er. Die Synthesizer-Spezialistin Liz Kosack (New York) spielt in verschiedenen Konstellationen mit E-Bassist Dan Peter Sundland (*1986 in Oslo), beide gehören zum experimentierfreudigen, in viele Richtungen offenen KIM Collective.
Ayse Cansu Tanrikulu (*1991) kam aus Ankara zum Studium nach Berlin und fand schnell Anschluss in der Szene. Nicht nur wegen ihres dunklen, volltönenden Timbres, sondern auch dank eines couragierten Umgangs mit elektronischen Effekten.

Die musikalische Spannweite bei MeoW! reicht von Pop-Melodien und Funk-Grooves bis zu ausfasernden Strukturen und Noise-ähnlichen Passagen.

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The Resonators

The ResonatorsFrank Gratkowski – alto sax, flute
Sebastian Müller – guitar
Reza Askari – bass
Thomas Sauerborn – drums

Viele dürften Frank Gratkowski als innovativen Geist zwischen freier Improvisation und zeitgenössischer Musik kennen.
Der Virtuose hat intensiv zur Erzeugung neuer Töne auf Saxophonen, Klarinetten und Flöten geforscht, erweiterte Spieltechniken kreiert, mit mikrotonalen Konzepten und akustischen Phänomenen gearbeitet.

Doch selbst der große Intellektuelle und Vordenker hat Boden unter seinen Füßen. Eine entschieden erdige und rockige Richtung schlägt Gratkowski mit der Band The Resonators ein, und das liegt nicht nur an den zerrenden Akkorden und gleißenden Linien von Sebastian Müllers E-Gitarre.
Wuchtig-massive Bässe und hypnotisch wirbelndes Schlagzeug befeuern Solo-Eskapaden, die mitunter schrille Noise-Ansätze entwickeln und sengende Feuer entfachen können.

Zwischendurch bremst das energiegeladen-fiebrige Quartett runter; in ruhigen Passagen streicht Askari obertonreiche Noten mit dem Bogen, während Gratkowski auf unkonventionelle Art die Flöte flirren oder die Klarinette schweben lässt.
Für Momente geben sich alle melodisch, changieren von versöhnlichen zu atmosphärischen Klängen, ehe die Maschine langsam wieder hochfährt…

youtube.com
gratkowski.com

 

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Samstag 17. Juli '21 - Jazzkeller 69 päsentiert - 16 Uhr:
Freiluft Bühne im Garten   [Hasselwerderstraße 22A]
Jazz am Kaisersteg


The Instincts

The InstinctsBoris Bell – drums
Georgi Sareski – guitar
Antti Virtaranta – bass

Eine weitere internationale, in Berlin ansässige Formation eröffnet den vierten Samstag am Kaisersteg.
Die drei Musiker aus Deutschland, Mazedonien und Finnland vereinen unterschiedliche Hintergründe zu einem unkonventionellen, gravitätischen, zuweilen fast filmischen Sound.
Gemeinsam ist ihnen ein feines Gespür für Nuancen, die Lust am gegenseitigen Zuhören, eine individuelle Mischung aus Sensibilität, Forschergeist und Humor.

Ihre erste gemeinsame Produktion Music Unseen ist vor rund drei Jahren erschienen und besticht durch variable, facettenreiche Eigenkompositionen und Improvisationen, in denen die Musiker auf Augenhöhe interagieren.

Das charakteristische Spiel von E-Gitarrist Georgi Sareski zeigt in Melodik und Rhythmik unverkennbare Anklänge an osteuropäische Traditionen, ebenso spiegelt es Rock- und natürlich Jazz-Einflüsse wider.
Bassist Antti Virtaranta, der nach seinem Studium in Philadelphia nach Berlin umzog, verstärkt zuweilen in Unisoni mit der Gitarre die Intensität; in anderen Momenten baut er bewusst sparsame Fundamente oder erzeugt atmosphärische Klänge mit dem Bogen.
Eine kluge Balance zwischen Ideen aus der freien Improvisation und Neuen Musik verfolgt auch Boris Bell, Jahrgang 1970. Seine Drum-Einsätze setzen mal kantige, mal klangvolle Akzente.

new-band-the-instincts
musicunseen.bandcamp.com/releases

 

 

 

Stefan Schultze Large Ensemble

Schultze_Large EnsembleLeonhard Huhn – alto sax, clarinet / Peter Ehwald – tenor sax, clarinet, flute / Magnus Schriefl – trumpet / Johannes Lauer – trombone / Peter Meyer – guitar / Marc Muellbauer – bass / Els Vanderweyer – vibraphone / Taiko Saito – marimba / Almut Kühne – vocals / Moritz Baumgärtner – drums / Stefan Schultze – piano, composition

Dass der Pianist und Komponist Stefan Schultze (*1979) sehr klangorientiert denkt, lässt sich bereits anhand der Besetzung seines Tentetts mit gleich zwei Vibraphonen respektive Marimbas erahnen.
In kleineren Bands sind diese vergleichsweise selten, am Kaisersteg werden die mal perkussiven, mal schwebenden Klänge des Vibraphons aber noch mehrmals zu hören sein (siehe 14. August, 11. und 25. September). Schultzes Gestaltungswillen zeigt sich schon am Klavier, etwa auf seinem herausragenden Solo-Album System Tribe.

Durch erweiterte Spieltechniken, Manipulationen im Inneren des Flügels etc. und einer stilistischen Offenheit, die von Minimalismus bis Neue Musik reicht, entwirft Schultze eindrückliche Klangwelten, die ganz selbstverständlich zwischen melodischen und abstrakten Momenten oszillieren.
Seine Großformation ist auch eine Art Gipfeltreffen der Berliner um-die-40-Szene, mit der extrem variablen Vokal-Akrobatin Almut Kühne, den zuweilen mikrotonalen Saxophon-Eskapaden Leonhard Huhns und atmosphärisch-schillernden Gitarrenphantasien Peter Meyers (Melt Trio).

Das Magazin Concerto freute sich an „abrupten Wendungen und anarchischem Witz“, Jazz Thing lobte: „Die enorme Vielschichtigkeit seiner Partituren und die Virtuosität im Umgang mit dem Klangkörper Bigband machen die CD Ted The Bellhop zu einer kleinen Sensation.“

large-ensemble

 

 

 

The Streetfighters

streetfeighters Foto: Dietmar ListeBruno Leicht – trumpet
Axel Dörner – trumpet
Jan Roder – bass
Michael Griener – drums

Das Trompetenduo Leicht und Dörner alias The Streetfighters begann Ende der Achtziger tatsächlich auf den Straßen und in den Fußgängerzonen von Essen und Köln.
Anfang des Jahrtausends verschmolzen sie mit Griener und Roder, der angeblich dienstältesten Rhythmusgruppe Berlins, zu diesem interaktiven, perfekt eingespielten Quartett.

Bruno Leichts Trompetenton wird als „verwurzelt in der Swing-Tradition mit ‚altem‘ Klang, aber moderner harmonischer Konzeption“ beschrieben; er hat sich ebenso mit der Neuen und Freien Musik beschäftigt und für Dokumentarfilme komponiert.

Axel Dörner arbeitete ab 2000 an der elektronischen Erweiterung seiner Musik auf der Trompete und gilt als eine der charakteristischen Stimmen der Freien Improvisation.
Seit 1994 wohnt Dörner in Berlin, hier war er Mitbegründer der Band Die Enttäuschung, die sich anfangs vor allem dem Repertoire Thelonious Monks verschrieben hatte, später aber auf eigenes Repertoire setzte.
Mittlerweile kann er auf unzählige internationale Kooperationen zurückblicken, auch mit Protagonisten der Neuen Musik (SWR-Symphonieorchester/Michael Gielen, Splitter Orchester u.a.). 2006 erhielt Dörner den SWR Jazzpreis, 2019 wurde er mit dem Berliner Jazzpreis ausgezeichnet.

allaboutjazz.com/brunoleicht
axeldoerner.org

 

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Samstag 3. Juli '21 - Jazzkeller 69 päsentiert - 16 Uhr:
Freiluft Bühne im Garten   [Hasselwerderstraße 22A]
Jazz am Kaisersteg


gleichwiederda

gleichwiederdaSteffen Faul – trumpet
Alexander Beierbach – tenor sax
Anke Lucks – trombone
Fee Stracke – piano
Berit Jung – bass
Sebastian Deufel – drums

Die Geschichte dieser Band mit dem hintersinnigen Namen reicht recht weit zurück.
Von 2002 bis 2009 haben Gleichwiederda zusammengearbeitet, dann waren sie weg und rund zehn Jahre später tatsächlich wieder da.
2019 beeindruckte das Sextett beim Jazzkeller 69. Inzwischen gibt es mit Sebastian Deufel einen neuen Mann am Schlagzeug, den manche möglicherweise von jener Band kennen, die in Andreas Dresens Gundermann-Spielfilmporträt hinter der Hauptfigur agiert.

Auch die übrigen Bandmitglieder werden weithin für ihre versierte Spielkunst geschätzt. Grooves sind essentiell für die Eigenkompositionen verschiedener Mitglieder von Gleichwiederda, ebenso wie Wechsel zwischen Harmonie und Reibung, variable Klangfarben und gewitzte Lautmalereien.
Das Ensemble zeigt keine Angst vor Melodien, spielt mit dynamischen Steigerungen und Öffnungen bis hin zu spannenden Improvisationen, die selbst in freien Momenten stets klare Strukturen erkennen lassen.

gleichwiederda

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Ruf der Heimat

ruf der heimatThomas Borgmann – reeds
Christof Thewes – trombone
Jan Roder – bass
Willi Kellers – drums

Die Herausforderung war zweifellos groß. Wie sollten Thomas Borgmann und Willi Kellers als verbleibende Mitglieder der 1992 gegründeten Band Ruf der Heimat den altersbedingten Ausstieg von Ernst-Ludwig Petrowsky und Christoph Winckel verschmerzen?

Die Presseresonanz auf die Neubesetzung des Quartetts signalisiert jedenfalls Gutes, lobt beispielsweise eine durch Thewes befeuerte völlig neue Dynamik.

Im Sonic Magazin war zu lesen: „Schnell ist klar, dass die beiden Neuen viel mehr sind als nur Auswechselspieler. Borgmann und Kellers präsentieren ihre Kunst voller Tiefenschärfe und Spannung. Mit Jan Roder und Christof Thewes haben sie ideale Ergänzungen gefunden. […] Es ist ein hohes Vergnügen zu verfolgen, wie sie ihr Material drehen und wenden.“

Und auch allaboutjazz.com ist über das aktuelle Werk Secrets begeistert: „…das 74-minütige Album zeigt das Handwerk der Band: fließende, spontane Erfindungen, die sich nicht scheuen, der Melodie in die Augen zu schauen. Diese Kühnheit stammt vor allem von Borgmann, der sein ausdrucksstarkes Post-Ayler-Saxophon mit einem ansteckenden Lyrizismus versieht.“

CD release „Secrets“ (Jazzwerkstatt,  jw 202)

 

www.rufderheimat.de      Portait Sonic-Magazin   .

 

 

 

phon-O-rama

phon-O-ramaMartin Klingeberg – trumpet, euphonium, vocals, efx
Johannes Lauer – trombone
Gerhard Gschlössl – sousaphon, trombone
Jan Leipnitz – drums

Der Trompeter und Sänger Martin Klingeberg gehört seit Jahren zu den Querköpfen der Berliner Szene, manche nennen ihn auch „Stilsurfer“.
Fern aller Dogmen spielt er am liebsten Musik, die ihm und dem Publikum gleichermaßen Spaß macht. Klingeberg gilt als Erfinder der BONK-Musik, die sich durch eine gewisse Nähe zum Rock und konzeptionelle Konsequenz definierte; daneben entwickelte er mit dem Quartett Tango Crash die – auch international gesehen – tiefgründigste und mit Abstand überzeugendste Neudeutung des argentinischen Tango seit Astor Piazzolla.
Zudem arbeitete Klingeberg in Ben Beckers Band Zero Tolerance und mit unzähligen Jazzformationen sowie für die Schaubühne und am Berliner Ensemble.

Die Besetzung von phon-O-rama entspricht der Minimalbesetzung einer Marching-Band, wie man sie ursprünglich aus New Orleans kennt. Ausgehend von diesem Sound experimentiert und jongliert das Quartett mit Stilmitteln und Einflüssen unterschiedlichster Couleur.
Tradition und zeitgenössische Mittel ergänzen sich, das Ganze wird am Ende mit Witz und Ironie gewürzt und mit der nötigen Chuzpe serviert. Das Ergebnis klingt, wie im Herbst im Industriesalon Schöneweide zu erleben war, rauh und zerbrechlich, wild und mystisch, ekstatisch und minimalistisch.
Die beiden Posaunisten der Band, Gerhard Gschlössl und Johannes Lauer, zählen zu den Fixsternen am Berliner Blechbläserhimmel, beide sind seit Jahren in der Improvisationsszene verwurzelt und haben bereits herausragende Projekte initiiert.

klingeberg

 

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