Dienstag 12. April '11


Billy Bang (20.9.1947-11.4.2011) R.I.P.

Ein guter Freund des Jazzkeller69 e.V. in seiner Zeit in Berlin hat sich verabschiedet von dieser Welt.
Wir werden ihn vermissen.

His last fight – Billy Bang ist tot
Wir nehmen Abschied von Billy Bang (William Walker). Der 1947 in Alabama geborene US-amerikanische Jazz-Violinist hat am Abend des 11. Aprils seinen Kampf gegen Lungenkrebs verloren.
Geboren in den Südstaaten, verbrachte Billy Bang Kindheit und Jugend in der Bronx, wo er auch mit klassischem Geigenspiel begann. „Ich war klein“, sagte er, „darum war die Geige wohl das passende Instrument … Ich hätte lieber Schlagzeug gespielt …“ Mit 18 änderte sich sein Leben – wie das vieler junger US-Amerikaner dieser Zeit – dramatisch: Der Einsatz in Vietnam, zuerst als einfacher Soldat, dann als Sergeant, bedeutete nicht nur den Abschied von der Musik, sondern auch von einem Leben ohne Albträume.
Seine traumatischen Erfahrungen verarbeitete er erst viele Jahre später in einer Art selbstverordneter Therapie auf zwei Alben: Vietnam: The Aftermath von 2001 und Vietnam: Reflections von 2004 (Letzteres unter Beteiligung vietnamesischer Musiker). Mit Kompositionen wie „Yo! Ho Chi Minh is in the House“, „Tunnel Rat“ und dem „Moments for the KIAMIA“ (Akronym für „Killed In Action“ und „Missing In Action“) stellte er sich seinen persönlichen Dämonen. Billy Bang gewährte nicht nur Einblick in das gequälte Herz eines Vietnamveteranen, er hinterließ mit der schwierigen Aufarbeitung seines Kriegstraumas auch intensive Dokumente seiner brillanten Spielweise. Ihm selbst gelang es, nach der katharsischen Arbeit an diesen Aufnahmen sein Leben neu zu ordnen. „Davor war ich immer und die ganze Zeit in Vietnam. Ich habe es einfach nicht geschafft, mein Leben in den Griff zu bekommen. Der 4. Juli hat mich jedes Mal wieder fertiggemacht.“
Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg wandte sich Billy Bang – inspiriert von der Spielweise Ornette Colemans – der Jazzimprovisation zu, seine Lehrer waren zuerst der Bassist Wilbur Ware, dann der Geiger Leroy Jenkins, von dessen clusterndem, bluesigen Stil sich Billy Bang’s ursprünglich klassisch angelegtes Spiel beeinflussen ließ. Nach einem kurzen Intermezzo beim Sun Ra Arkestra und ersten Erfolgen im Umfeld des avantgardistischen Rivbea – dem von Sam Rivers und seiner Frau Bea gegründeten New Yorker Loftstudio, in den 70ern Mittelpunkt der experimentierenden Musikszene – feierte Billy Bang in Europa Erfolge: 1977 spielte er auf wichtigen Festivals in Europa. Das Publikum liebte sein rhythmisches, so explosives wie emotionales Spiel, seine zwischen Dramatik und der überschäumenden Emotionalität des Überlebenden changierenden intensiven Solos.
Ebenfalls 1977 gründete Bang mit dem Gitarristen James Emery und dem Kontrabassisten John Lindberg das String Trio of New York, war Mitglied von Ronald Shannon Jackson’s Decoding Society and Sonny Sharrock’s Material. Seit den 80er Jahren sowohl live als auch im Studio sehr aktiv, spielte er mit Hamiett Bluiett, Sun Ra, Don Cherry, David Murray und vielen anderen, produzierte als Leader 17 Alben, als Sideman u. a. von Wiliam Parker vier, mit anderen Formationen ein weiteres Dutzend Aufnahmen. Herausragend sein Soloalbum Commandment, eine Reihe von Kompositionen und Improvisationen, die von Skulpturen des Künstlers Alain Kirili inspiriert wurden, und das 2003 eingespielte Scrapbook mit William Parker und Hamid Drake.
Unvergessen bleibt Billy Bangs Auftritt auf der Bühne des letztjährigen Vision Festivals in New York: Bereits tief gezeichnet von der Krankheit berichtet er von seinem Kampf gegen den Krebs – um sich dann das Herz aus dem Leib zu spielen.
Renate Da Rin (www.buddysknife.de)

Billy Bang: Wikipedia | R.I.P. Billy